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Ein irres Buch, das im Jahr 2018 geschrieben wurde, dessen Geschichte im Jahr 2025 spielt und bei dem einem beim Lesen die Vorstellung überkommt, dass das durchaus auch die Gegenwart sein könnte.
Das Nachwort zum Roman habe ich zum Glück bereits nach den ersten ca 120 Seiten gelesen. Es hat mir zum besseren Verständnis sehr geholfen, insbesondere um die Zielrichtung der Geschichte besser einordnen zu können.

Der Ort der Handlung: irgendwo in Deutschland. Anfangs wird öfter mal Frankfurt erwähnt, dann auch Würzburg. Die geografischen Örtlichkeiten verlieren sich aber im Lauf der Geschichte im Nirgendwo und im Grunde ist eine genaue Verortung der Geschehnisse auch überflüssig.
Sogenannte Reichsbürger haben einen Aufstand in Deutschland angezettelt mit der Ergebnis, dass sich neben den Reichsbürgern und regierungstreuen Truppen auch einmarschierende Russen und Chinesen heftige Kämpfe auf deutschem Staatsgebiet liefern.
Zentralfigur der Geschichte ist Ismael, ein Wissenschaftler, der sich trotz Warnungen seiner Frau und anderer Bekannten, nach wie vor sicher wähnt in Deutschland, und dann plötzlich Hals über Kopf um sein Leben rennen muß. Vollkommen unvorbereitet findet er sich von einer Sekunde auf die andere zusammen mit einer Gruppe verwegener Gefährten auf der Flucht wieder. Das Ziel ist der sichere Süden, Nordafrika, wohin so hofft Ismael, sich seine Frau und seine Tochter bereits retten konnten.

Die Geschichte dieser wochenlangen Flucht durch Kriegsgebiet besteht aus verschiedenen Strängen, die sich für mich manchmal nicht immer ganz schlüssig ineinander weben. Da gibt es Flashbacks von Ismael zurück in seine Kindheit und Zeitsprünge um ganze 27 Jahre zurück zu einer Geschichte, in der ein Arzt mit Namen Samuel von einem Schamanen in die Kampfkunst eingewiesen und gleichzeitig seiner Bestimmung zugeführt wird. Eine Art von Zeitreise scheint manchen der Figuren möglich zu sein, ohne dass es ihnen selbst bewußt ist und die spirituellen Lehren des Schamanen spielen auch eine Rolle. In den Wirren und den brutalen Ereignissen dieser Flucht scheint machen Dingen eine doppelte Bedeutung zuzukommen.

Die Stärke des Buches ist meiner Ansicht nach, dass es darauf fokussiert, bewußt zu machen, was es bedeutet, von einem Moment auf den anderen brutal aus der eigenen Komfortzone gerissen zu werden, mit nur noch dem einen Ziel vor Augen: zu überleben. Auch welche Rolle das mentale Gepäck spielt, das die Protagonisten mit sich führen und wie dieses entweder ihre Überlebensfähigkeit stärkt und ihnen bei der Bewältigung von Grenzsituationen hilft, oder sie am Ende schwächt wird deutlich.
Der Stil des Autors ist so gewählt, dass ich mich selbst mitten im Geschehen gefühlt habe, was mir insbesondere bei der Schilderung mancher brutalen Szene ziemlich unter die Haut ging. Das Ausgeliefertsein und die Schutzlosigkeit der Flüchtlinge wurden da überdeutlich.

Und eine große Frage, die durch diese Geschichte in den Raum gestellt wird, blieb für mich am Ende leider unbeantwortet: inwieweit steht der Kampf um das eigene Überleben über Moral, Wertvorstellungen und mitmenschlichem Verhalten? Was passiert mit uns als Menschen, wenn er diesen übergeordnet wird und wenn damit der Erfolg so einer Flucht am Ende nur auf Kosten unsere Menschlichkeit möglich wird?

Ein Buch, das mich sehr nachdenklich zurückgelassen hat.

Als Taschenbuch bei Redrum books erschienen und bei Amazon erhältlich für 14,99 EUR unter der ISBN 9783959576277